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Das Deutsche Psychotherapeuten Netzwerk (DPNW) diskutierte mit Bundesdatenschutzbeauftragten Ulrich Kelber über Digitalisierung, Datenschutz und elektronische Anwendungen im Gesundheitswesen.
Der Vorsitzende des Deutschen Psychotherapeuten Netzwerkes (DPNW) Dieter Adler zeigte zum Auftakt der Veranstaltung einen „Titel, Thesen, Temperamente“-Beitrag über die Digitalvisionärin Francesca Bria. Sie verfolgt einen fundamentalen Gegenentwurf zur aktuell üblichen Nutzung von Daten. Sie fordert: „Wir müssen Bürgerinnen und Bürgern die Kontrolle über ihre Daten zurückgeben, so dass sie selbst entscheiden können, mit wem sie ihre Daten teilen und zu welchen Bedingungen.“
Ihr Modell führt weg vom undurchsichtigen Daten-Marktplatz, auf dem alle Vorteile und Profite den Big-Tech-Firmen zufallen. Sie strebt eine „Big Democracy“ an, bei der der Zugang zu Daten demokratisiert wird: „Daten müssen ein Allgemeingut werden wie die öffentliche Infrastruktur, wie Wasser, Verkehr, wie die Luft, die wir atmen“. Nach ihren Vorstellungen brauchen wir eine digitale Revolution, die zugleich eine demokratische und soziale sein muss. Als erste Modellstadt hat Barcelona ihre Ideen umgesetzt und sich zur sozialen „Smart City“ gewandelt.
Ulrich Kelber äußerte sich verhalten angesichts des Fernsehbeitrages: „Ich bin skeptisch, wenn es um eine Revolution im Umgang mit digitalen Daten geht. Das wäre „alles oder nichts“. Zunächst sollten wir bestehendes Recht durchsetzen und dieses weiterentwickeln. Die Datenschutzgrundverordnung wird noch immer nicht in allen Bereichen umgesetzt. Nun rufen die Ersten, wir sollten die Bestimmungen wieder lockern. So kommen wir nicht zu unserem Ziel, Menschen und ihre Privatsphäre zu schützen.“
Kelber stellte die grundsätzliche Frage: „Ist unser digitaler Weg in Europa der richtige?“ Aus seiner Sicht sehr wohl: „Die EU-Datenschutzgrundverordnung ist ein großer Erfolg mit Verbesserungspotential“. Defizite sieht er noch bei der Durchsetzung des Datenschutzes gegenüber großen internationalen IT-Unternehmen. Hier wünscht er sich eine Offenlegung der Algorithmen, mit denen Daten ausgewertet werden. Eine große Chance für die gesellschaftliche Entwicklung läge darin, wenn valide Daten der Forschung in anonymisierter Form zur Verfügung stehen.
Dem Vorwurf, die Datenschützer seien Bremser, widerspricht er nachdrücklich: „Der Datenschutz bremst weder den technologischen Fortschritt noch die wirtschaftliche Entwicklung. Vielmehr versuchen wir, ein Verständnis für die essenziell notwendigen Schutzmechanismen für die Persönlichkeitsrechte des Einzelnen zu erzeugen.“
Damit stieß Kelber auf offene Ohren der anwesenden Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten. Diese äußerten in zahlreichen Wortmeldungen ihre Skepsis gegenüber der elektronischen Patientenakte, der elektronischen Krankschreibung, dem eRezept, der zentralen Speicherung von Gesundheitsdaten, der Telematik-Infrastruktur und dem Einsatz künstlicher Intelligenz in der Medizin.
Ulrich Kelber zeigte Verständnis für die Sorgen und Nöte der Teilnehmer, wies aber zugleich darauf hin: „Im Prinzip sind wir sicherer als in analogen Zeiten. Es gab und gibt mehr Manipulationen bei analogen Daten als bei digitalen. Das zeigt sich beispielweise beim Impfausweis.“ Die aktuelle Flutkatastrophe habe zudem gezeigt, dass eine Speicherung auf einem lokalen Computer ohne Sicherheitskopien zum endgültigen Verlust von Krankenakten geführt habe. Sinnvoll und sicher digitalisiert, wäre das nicht passiert.
Kelber ist ein ausdrücklicher Befürworter der Corona-Warn-App. Diese habe enorme Fortschritte im Bevölkerungsschutz geleistet und sei auch für die Zukunft gut gewappnet – ganz im Gegensatz zur analogen Nachverfolgung.
Ein Teilnehmer wollte wissen, wie es denn um die informationelle Selbstbestimmung bestellt sei. In der aktuellen Version der elektronischen Patientenakte könne er seine Daten nicht kontrollieren. Dies sei aber die Grundvoraussetzung für eine Teilnahme an den digitalen, medizinischen Aufzeichnungen.
„Zu Recht habe das Bundesverfassungsgericht – so Kelber – schon 1983 das Recht auf informationelle Selbstbestimmung formuliert und damit den Datenschutz als Grundrecht verankert. Er persönlich möchte seine Daten gerne auf Dokumentenebene freigeben können. Wenn das geht, holt sich Ulrich Kelber am 01.01.2022 die elektronische Patientenakte.
Ein wichtiges Ansinnen der Psychotherapeuten war es, zwischen körperlich medizinischen und psychotherapeutischen Daten zu unterscheiden. Da bestehe ein gravierender Unterschied, so die Beteiligten. Leider komme dieser Gedanke in der aktuellen Gesundheitspolitik überhaupt nicht vor. Zudem betonten die Anwesenden, dass die Telematik und alle elektronischen Anwendungen für sie keinerlei Nutzen bieten. Sie bedeuten für die Praxen nur unnötigen und kostspieligen Aufwand.
Ulrich Kelber, der mit einem Berg gesundheitspolitscher Fragen konfrontiert wurde, wies darauf hin, dass er kein Gesundheitspolitiker und deshalb hier nicht der richtige Ansprechpartner sei. Seine Aufgabe sei es, auf die Einhaltung der Datenschutzbestimmungen zu achten und dann einzugreifen, wenn Verstöße vorlägen.
Der DPNW-Justitiar Dirk Wachendorf warf eine besondere Frage zum Datenschutz in Praxen auf: Er wollte wissen, bis zu welcher Stelle Ärzte und Psychotherapeuten verantwortlich sind in der Telematik-Infrastruktur. Kelber meinte, dass die Praxisinhaber nur bis zum Konnektor Verantwortung trügen. Dies sei der Part, den sie technisch beeinflussen könnten.
Bei der folgenden kontroversen Diskussion über künstliche Intelligenz in der IT wie auch in der Medizin betonte Kelber: „Ich bin der Überzeugung, dass der Mensch hinter der Technik immer am Drücker bleiben muss. Alles andere führt häufig zu seltsamen Ergebnissen. Wir müssen das nur vernünftig steuern, dann kann das zu erstaunlichen neuen Erkenntnissen führen.“
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email : mail@hanfeld-pr.deDigitaler Imperialismus oder Daten als Gemeingut – wohin geht der Weg der digitalen Gesellschaft?
wurde veröffentlicht am 20. August 2021 auf bekannt im Web in der Rubrik Allgemein
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